Powder Her Face / Thomas Adès

Inszenierung Theater Magdeburg
Musikalische Leitung: Hans Rotman
Regie: Magdalena Fuchsberger
Bühne: Dirk Steffen Göpfert
Kostüme: Kathrin Hegedüsch
Dramaturgie: Thomas Schmidt – Ehrenberg
Herzogin: Noa Danon
Zimmermädchen: Daire Halpin
Elektriker: Jonathan Winell
Hotelmanager: Paul Sketris
Magdeburgische Philharmonie

Kritiken

Oper über einen Skandal – Sex und andere Machtverhältnisse

Was sollte uns an einem Skandal interessieren, der Großbritannien 1963 erschüttert hat? Es ging dabei um eine Frau aus besseren Kreisen, eine Herzogin, die von einem Scheidungsrichter nicht nur des Ehebruchs, sondern „scheußlicher sexueller Praktiken“ für schuldig befunden wurde. Der Ehemann hatte Fotos vorgelegt. Sie zeigten seine Frau beim Oralverkehr mit einem Unbekannten.

Diese Brandmarkung der „Perversion“ einer Frau ist der eigentliche Skandal. Und das macht die Oper „Powder Her Face“ von Thomas Adès, die jetzt im Magdeburger Schauspielhaus aufgeführt wird, so zeitgemäß. Denn erst im Zuge der jüngsten Debatte um Geschlechtergerechtigkeit wendet man sich in der immer noch stark männlich geprägten Öffentlichkeit solchen Themen zu: Warum ist einer Frau bei Strafe der Ächtung verboten, was dem Manne erlaubt ist? Zum Beispiel eigener Unzufriedenheit durch Abenteuer entsprechende Abhilfe zu schaffen – wie trügerisch dies auch sei. Bei ihm drückt man dann kennerisch ein Auge zu, während man sich über sie entrüstet. Weil es um Macht geht dabei. Und darum, wer sie ausübt.

Margaret Campbell und ihr Gatte, der Herzog, sind einander wohl nichts schuldig geblieben, aber die Schuld hatte schließlich allein sie zu tragen: „Ihre Haltung zum heiligen Stand der Ehe hat sich als das erwiesen, was vollkommen unmoralisch ist“, urteilte der Richter Lord Wheatley.

Ein spannender Stoff, den der Librettist Philip Hensher und der Komponist Tomas Adès kongenial verarbeitet und die Regisseurin Magdalena Fuchsberger sowie der Dirigent Hans Rotman konsequent umgesetzt haben.

Konsequenz ist im Wortsinne zu verstehen. Das, was aus der Erinnerung der gealterten Protagonistin erzählt und hervorragend gesungen wird (Noa Danon als Herzogin und das kleine Ensemble sind großartig), deutet nicht verschämt an, sondern spielt die Fallhöhe aus. Da muss der eine oder andere Besucher wohl mal Luft holen, ein Paar verschwand am Freitagabend demonstrativ noch vor der Pause. Aber peinlich ist hier nichts. Es sei denn, man fände eine Frau, die Lust wie Freiheit begehrt und dabei missbraucht wird, peinlich. Das fiele jedoch auf den Betrachter zurück.

Ein ungewöhnlicher Opernabend. Mit aufregender Musik. Und aufregend gut gespielt.

Andreas Montag – Mitteldeutsche Zeitung

 

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